Bericht vom Brandenburger Obstbautag 2025 in der LVGA

Am 28. Januar fand der Brandenburger Obstbautag statt. Etwa 30 Obstbauern und Interessierte folgten der Einladung des Gartenbauverbandes und der Obstbau-Versuchsstation Müncheberg...

Tobias Hahn und Dr. Andreas Winkler von der Obstbauversuchsstation in Müncheberg begrüßten die Teilnehmer des diesjährigen Brandenburger Obstbautag im neuen Seminargebäude der LVGA e.V. in Großbeeren und führten die 40 Teilnehmer durch das vielseitige Programm. 

Eröffnet wurden die Vorträge durch Christoph Tröster, Geschäftsführer des Gartenbauverbandes Berlin Brandenburg und Thomas Bröcker für die Fachgruppe Obst.Wie auch der nachfolgendeBeitrag Jörg Geithels, dem stellvertretenden Vorsitzenden der Bundesfachgruppe Obst, waren die Grußworte und Berichte aus der aktuellen Bundes- und Verbandspolitik geprägt von den Eindrücken und Ereignissen des Vorjahres 2024. Die Auswirkungen der verheerenden Spätfröste im April 2024, die Auszahlung der Frostschutzhilfen durch die Bundesländer und die EU sowie das Ringen um eine sachlich fundierte und weniger ideologisch geprägte Pflanzenschutzstrategie standen im Fokus der letztjährigen Arbeit.
Trotz der schwierigen Ausgangslage für die Betriebe muss der Blick in die Zukunft und auf das Jahr 2025 gerichtet werden: Die Hoffnungen richten sich auf ein neues produktives und ertragreiches Jahr, welches endlich wieder zufriedenstellende Erlöse ermöglicht, die Neuwahl der Bundesregierung und nicht zuletzt in Brandenburg auf die neue brandenburgische Landwirtschaftsministerin Hanka Mittelstädt. Damit in Verbindung steht die mögliche Durchsetzung der Forderungen der Fachgruppe Obstbau. Diese betreffen die Mindestlohndebatte und Drittstaatenregelung zur Beschäftigung von Saisonarbeitskräften, Pflanzenschutzmittelzulassungen, Investitionsförderungen sowie Risikoausgleichsrücklagen und weitere Beihilfen zur Absicherung von Wetterrisiken und zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit, beispielsweise beim Agrardiesel.
So sind für Notfallzulassungen von Pflanzenschutzmitteln gemäß Art. 53 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 in Verbindung mit § 29 Pflanzenschutzgesetz seit dem 01.01.2025 nur noch Flächen zugelassen, die der Bundesfachgruppe von den Mitglieds- und Landesverbänden gemeldet werden, da in zunehmenden Maße Stellungnahmen zur Notfallsituation der Fachgruppe an den BVL gefordert werden! Jörg Geithel empfiehlt den Obstbauern, sich regelmäßig zu den sich stetig verändernden Rahmenbedingungen zu informieren - so beispielsweise über das Fachmagazin „Obstbau“ sowie den Podcast „Obstsalat“ der Bundesfachgruppe Obstbau.

Auf die zu erwartenden Neuerungen und das Antragsprozedere für einzelbetriebliche Förderungen (EBI-RL-2022) konnte leider nicht wie geplant eingegangen werden, da Herr Hallmann (MLEUV) kurzfristig erkrankt war. Fragen hierzu können gern direkt an ihn gerichtet werden. Nach neueren Informationen zeichnet sich ab, dass der Obst-/Gartenbau bei den Projektauswahlkriterien mit zwei Punkten für Schutzeinrichtungen gegen Starkwetterereignisse gesondert bedacht werden. Wegen vorgelagerter Schulungen der Berater und geplanter Systemabschaltungen wird das Antragsportal mit großer Wahrscheinlichkeit in der ersten Aprilwoche des Jahres dann erreichbar sein.

Nach dem Bericht aus der Obstbau-Versuchsstation mit Ihren aktuellen Projekten und Veranstaltungen durch Dr. Andreas Winkler ging es fachlich und sehr im Detail mit den Vorträgen der eingeladenen Referenten weiter:

Christian Kröling vom sächsischen Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie berichtete über die Langzeiterfahrungen mit dem maschinellen Schnitt in Apfelanlagen. Quintessenz: Maschineller Schnitt reduziert die Schnittkosten und kann den Deckungsbeitrag erhöhen, auf einen Korrekturschnitt von Hand kann aber nicht verzichtet werden. Deutlich wurde aber auch der Einfluss der Schnitttechnik im maschinellen Schnitt auf die Blühzeitpunkte, Ausfärbung der Früchte und der späteren Laubfärbung. Verglichen wurden im Versuch der moderne Handschnitt mit Maschinenschnitt zu den Zeitpunkten rote Knospe, nach der Blüte, im Juni (Lorette-Schnitt) sowie nach der Ernte. Der maschinelle Schnitt nach der Ernte zeigte dabei die besten Ergebnisse.

Spannend wurde es nach der Mittagspause mit Prof. Dr. Traud Winkelmann von der Leibniz-Universität Hannover und dem vielfach diskutierten Thema der Bodenmüdigkeit beziehungsweise Nachbaukrankheit. In dem Projekt ORDIAmur, in dem viele Partner aus namenhaften Forschungseinrichtungen beteiligt waren, wurden intensiv den Ursachen der Bodenmüdigkeit, dem Einfluss und den Reaktionen der Pflanze auf verschiedene Faktoren und Veränderungen im Bodenleben nachgegangen.
Abgeleitet von erfolgreichen Gegenmaßnahmen auf die Bodenmüdigkeit (chemische und physikalische Entseuchung, Flächenwechsel, tolerantere und stärkerwachsende Unterlagen) konnten bereits einige Rückschlüsse auf die Ursachen, allerdings nur in begrenztem Maße Lösungsansätze, erarbeitet werden: Wie Prof. Dr. Traud Winkelmann berichtete, ist Bodenmüdigkeit, bzw. die Nachbaukrankheit weder ausschließlich auf die Pflanze, eine bestimmte Sorte oder Unterlage noch konkrete Standortbedingungen festzulegen. Das komplexe System aus dem Stoffwechsel der Bäume, konkreter Bodenbedingungen und vor allem der spezifischen Zusammensetzung des Mikrobioms in einem Boden verstärken oder hemmen die Wirkung der Nachbaukrankheit, die keine, das ganze Individuum erfassende Krankheit in dem Sinne ist, sondern eine lokale Reaktion eines betroffenen Bereichs der Wurzel in Abhängigkeit der Bodeneigenschaften darstellt. Ausgangsproblem sind die vielen phenolischen Metabolite (Wurzelexudate) der Apfelwurzeln wie Phytoalexine. Sie beeinflussen nachhaltig das Bodenleben (Dysbiose) und verursachen die Abwehrreaktion der Wurzeln, die in der bekannten Wuchsreduktion mündet. Nach ersten Versuchen zeigen sich positive Effekte durch biologische Verbesserung des Bodens mit Brassica-Samenmehl oder anaerober Bodendesinfektion (HERBIE) sowie Mikronährstoffgehalte, die das Bodenleben in geeigneter Weise fördern. Gleichzeitig gibt es tolerantere Unterlagen, die Ihre Merkmale aber nicht auf allen Böden gleich gut ausprägen können. So sind die Wachstumsreduktionen verschieden toleranter Unterlagen auf sandigen Böden gleichermaßen stärker ausgeprägt als auf schwereren Böden. Ein Wechsel der Unterlagen und die Auswahl wuchsstärkerer Unterlagen können allerdings hilfreich sein.

Überschaubarer als das Bodenleben und dennoch sehr interessant ist die Anzahl und Gestalt der Überdachungssysteme für Kirschen, von denen Martin Kockerols, Berater des Obstbauversuchsring des Alten Landes e.V. berichtete. Um verschiedenen Nachteilen des Anbaus von Kirschen ohne Überdachung (Schädlingsbefall, erhöhte Infektionsgefahr und Pflanzenschutzaufwand, Blütenfröste, Platzen) auszuschließen, ist es nachhaltig und richtungsweisend, sich mit verschiedenen Überdachungssystemen auseinander zu setzen. Deren jeweilige Vor- und Nachteile, Erbauungs- und Instandhaltungskosten sowie Kriterien zur Auswahl für den eigenen Betriebe stellte Herr Kockerols ausführlich und eindrucksvoll bebildert vor. Zu nennen sind hier insbesondere Windstabilität, Zeitaufwand für Öffnen und Schließen, Hitzentwicklung, Wasserbedarf, Insektenflug und Bestäubungssysteme unter Folie, Versicherung u.v.m. und nicht zuletzt die daraus folgenden Gesamtkosten pro Jahr. Der Aufwand, sowie Vor- und Nachteile sind nach Standort und Vermarktungsform abzuwägen. Zum Schluss teilt Martin Kockerols seine Einschätzung mit den Zuhörern: Vor allem die Pflückkosten sollten im Blick behalten werden, am Material hingegen sollte nicht gespart werden!

Als letzter Vortragsredner schloss Tobias Hahn von der Obstbau-Versuchsstation den Kreis an diesem Tag und stellte am Beispiel des Schlagkartei-Programms „ProFlura“ die Vorteile und Herausforderungen der digitalen Schlagkartei für Obstbaubetriebe, anlässlich der ab 2026 geltenden Veränderungen der Durchführungsverordnung (EU) 2023/564 zur elektronisch und maschinenlesbaren Dokumentation von Pflanzenschutzmitteln, vor. Nicht nur die elektronische Dokumentation der Pflanzenschutzmaßnahmen kann jedoch neben dem zunächst höherem Aufwand auch sinnvoll sein: Auch andere Maßnahmen wie die Erteilung von Arbeitsaufträgen sowie Beobachtungen der Bestände, zum Teil mit Bildern, wie Düngemaßnahmen, Schaderregerbefall, Bodenuntersuchungen, technische Kulturarbeiten und Kostenerfassung sind mit den Schlagkartei-Programmen möglich. Inzwischen gibt es verschiedene Anbieter, deren Auswahl nach Tobias Hahns Einschätzung sorgsam bedacht werden sollte: Einige Anbieter verschwinden so schnell, wie sie kamen, und mit Ihnen möglicherweise die eigenen Daten in der Cloud!

Nach diesem reichhaltigen Programm wurden die Teilnehmer mit rauchenden Köpfen auf den Heimweg verabschiedet.

Wir danken unseren Besuchern, den zahlreichen Ausstellern und natürlich unseren exzellenten Referentinnen und Referenten für diesen gelungenen Tag und freuen uns bereits mit vielen Ideen für weitere Themen auf den Obstbautag 2026!